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Was mich Mongolische Hirten über dezentrale Entscheidungsfindung lehrten

  • Autorenbild: Eva Jenisch
    Eva Jenisch
  • vor 13 Minuten
  • 2 Min. Lesezeit

Erfahrungen aus der Steppe: Autonomie, Vertrauen und die stille Logik selbstorganisierender Systeme


Morgendliches Melken der Yaks
Morgendliches Melken der Yaks

🐎 Die Steppe und ihre Geheimnisse


Während meines letzten Aufenthalts in der Mongolei verbrachte ich Zeit mit nomadischen Hirten, die Tausende von Tieren über weite, zerklüftete Landschaften bewegen. Auf den ersten Blick schien es chaotisch zu sein. Die Tiere streiften frei umher und grasten, wo es ihnen gefiel. Es gab keine Zäune, kein Geschrei, keinen Masterplan. Und doch blieben sie zusammen, bewegten sich in etwa in die gleiche Richtung und kamen dort an, wo sie hin mussten.

Was nach Freiheit aussah, war in Wirklichkeit ein zutiefst intuitives System. Die Hirten kontrollierten nicht jeden Schritt. Sie leiteten. Sie beobachteten. Sie griffen nur ein, wenn es notwendig war.


Diese Erfahrung brachte mich dazu, darüber nachzudenken, wie sehr wir uns in der Industrie auf zentralisierte Planung verlassen und was sich ändern könnte, wenn wir dem System etwas mehr vertrauen würden.


👣 Entscheidungen werden vor Ort getroffen


Hirten in der Mongolei fragen nicht per Funk nach Anweisungen. Sie beobachten das Land, das Wetter und die Tiere. Der eine reitet vielleicht los, um eine Flussquerung abzuschätzen. Ein anderer achtet auf Anzeichen von Müdigkeit in der Herde. Jeder passt sich an, trifft Entscheidungen und reagiert flexibel. Das ist dezentrale Entscheidungsfindung in ihrer reinsten Form, die auf Vertrauen, Kompetenz und unmittelbarem Feedback basiert.


In schlanken und agilen Arbeitsumgebungen sprechen wir davon, Teams zu befähigen. Aber allzu oft werden Entscheidungen trotzdem auf mehreren Stufen getroffen. Mongolische Hirten zeigen, wie es aussieht, wenn man den Menschen, die am nächsten am Geschehen sind, die Verantwortung überträgt.


🍼 Im Rhythmus der Wertschätzung


Das Melken erfolgt beispielsweise bis zu fünf Mal am Tag. Aber nur, wenn das Tier Nachwuchs hat. Und immer trinkt das Kalb zuerst. Das ist keine Produktivität um jeden Preis. Es ist nachhaltige Pflege. Es ist die Erkenntnis, dass Systeme gedeihen, wenn Bedürfnisse ausgeglichen sind und Signale respektiert werden.


Wie oft drängen wir im industriellen Umfeld auf Leistung, ohne die langfristigen Kosten zu berücksichtigen? Die Hirten riefen mir ins Gedächtnis, dass nachhaltige Leistung oft nicht dadurch entsteht, dass man alles aus dem System herausholt, was es geben kann, sondern dadurch, dass man weiss, wann man sich zurückhalten muss.


🐑 Es sieht nur so aus, als würden sie wild herumgrasen


Wenn man eine Herde beobachtet, die sich über die Ebene ausbreitet, könnte man meinen, es gäbe keine Kontrolle. Aber das liegt nur daran, dass die Steuerung integriert ist. Es gibt keine Zäune, aber unsichtbare Grenzen. Die Hirten beobachten Bewegungen, Wind und Tageszeit. Kleine Eingriffe, manchmal nur ein Pfiff, halten das gesamte System am Laufen.

In vielen Organisationen versuchen wir, Komplexität mit noch mehr Kontrolle zu bewältigen. Aber die Steppe hat mich gelehrt, dass gute Systeme keine straffe Leine brauchen. Sie brauchen Klarheit, Feedback und gut platziertes Vertrauen.


🏭 Von der Steppe zur Fabrikhalle


Wie können wir diese Erkenntnisse auf die Herstellung, die Pharmaindustrie und die Produktionsplanung anwenden? Beginnen Sie damit, den Menschen zu vertrauen, die Probleme als Erste erkennen. Befähigen Sie Teams, sofort zu handeln. Schaffen Sie Systeme, die reagieren, anstatt Widerstand zu leisten. Dezentralisierung bedeutet nicht Chaos, sondern Anpassungsfähigkeit.

Wie könnten Ihre Betriebsabläufe aussehen, wenn sie weniger wie eine Maschine in einem Käfig und mehr wie eine Herde in der Steppe aufgebaut wären?

 

 
 
 

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