Wenn Standardarbeit die Innovation hemmt: Lean Thinking mit einem Kniff
- Eva Jenisch

- 30. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Starre Lean-Anwendungen hinterfragen und Flexibilität ermöglichen

Standardarbeit ist ein Eckpfeiler von Lean. Sie sorgt für Disziplin, Klarheit und Wiederholbarkeit. Aber was passiert, wenn genau diese Struktur zu einer Zwangsjacke wird? In stark regulierten Branchen wie der Pharmaindustrie habe ich erlebt, wie die starre Anwendung von Lean den Teams langsam die Motivation nehmen kann. Dies ist ein Aufruf zum Umdenken darüber, wie wir Stabilität und Anpassungsfähigkeit in Einklang bringen.
🧱 Standardarbeit: Fundament oder Festung?
Bei einem meiner früheren Einsätze an einem Pharmastandort zeigte mir das Team stolz seine Standardarbeitsunterlagen. Dicke Ordner säumten die Wände, gefüllt mit präzisen Anweisungen für jede Planungs- und Betriebsaufgabe. Doch als wir durch die Produktion liefen, hörte ich stille Frustration. "Wir wissen, dass sie veraltet sind, aber wir dürfen sie nicht ändern." „Es passt nicht mehr zu unserer Arbeitsweise, aber wir behalten es für Audits.“
Das ist der Moment, in dem die Standardarbeit aufhört, eine Grundlage zu sein, und beginnt, eine Festung zu werden. Der Prozess wird vor Veränderungen geschützt, anstatt Lernen zu ermöglichen. Die Absicht ist gut, aber das Ergebnis ist Stagnation.
🧠 Lean Thinking ist kein „Copy-Paste“-Denken
Lean war nie dazu gedacht, eine Checkliste zu sein. Vielmehr beruht Lean auf einer Grundhaltung, die von Neugier, Respekt und Experimentierfreude geprägt ist. In der Praxis erlebe ich jedoch oft, dass Vorlagen wie ein Evangelium verbreitet werden, selbst in Umgebungen, die alles andere als Standard sind.
Eine Schablone passt nicht für alle. Vor allem nicht in der Pharmabranche, in der die Spannung zwischen regulatorischer Sicherheit und operativer Agilität real ist. Der Schlüssel liegt in der Unterscheidung zwischen dem, was wirklich festgeschrieben werden muss, und dem, wo Teams die Freiheit haben sollten, sich anzupassen. Denn nicht alles muss streng geregelt sein.
🔁 Anpassungsfähigkeit in den Prozess einbauen
Die widerstandsfähigsten Prozesse sind zugleich strukturiert und selbstkorrigierend. So setzen wir das gemeinsam mit unseren Kunden um:
Definition von Standards für das, was wiederholbar und kritisch ist
Raum für kontrollierte Varianten und lokale Verbesserungen schaffen
Schulung der Mitarbeitenden nicht nur in Compliance, sondern auch in Problemlösung
Überprüfung und Überarbeitung von Standards als lebendiges Dokument, nicht als starres Regelwerk
In einem Fall haben wir visuelle Planungszyklen eingeführt, in denen die Planer anzeigen konnten, wo der Standardprozess nicht mehr der Realität entsprach. Dies führte zu monatlichen Lernschleifen und überarbeiteten Standards, die auf tatsächlichen Rahmenbedingungen und nicht auf Annahmen basierten.
🌱 Respekt für Menschen bedeutet, ihrem Urteilsvermögen zu vertrauen
Wenn Standardarbeit unantastbar wird, hören die Menschen auf zu denken. Doch die Menschen, die die Arbeit machen, wissen, wo die Schwachstellen liegen. Lean funktioniert nur, wenn man zuhört. Wenn wir Standardarbeit als gemeinsame Grundlage und nicht als Käfig behandeln, kann Innovation von innen heraus wachsen.
Wie sieht es mit Ihren Teams aus?
Wo in Ihrem Prozess ist die Standardarbeit zu einer unantastbaren Pflicht geworden, anstatt den Prozess zu unterstützen? Ich würde gerne wissen, wo Sie Möglichkeiten sehen, mehr Anpassungsfähigkeit in Ihr schlankes System zu bringen.




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